Zurück in Kojen mit Fundament, Regalen außer Reichweite und Strom ohne TallyCard.
Ribnitz-Damgarten. „Wir müssen ablegen.“ „Wohin wollten wir heute fahren?“ So gern wir uns diese Fragen stellen würden und es auch getan haben, so nichtig sind sie. Denn ein neuer Hafen, ein Seestück mit unbekannter Landschaft und Sachen-vom-Tisch-räumen-bevor-es-losgeht, ist nicht mehr Bestandteil des Tagesprogrammes von LUCCA samt Besatzung. Es ist schon ein wenig merkwürdig, erneut auf zwei Meter mal zwei Meter zu schlafen und genau zu wissen, dass die Koje jeden Morgen am selben Platz steht. Für den Skipper muss dies sicherlich noch verwirrender sein. Die Landvorzüge selbst, vor allem das Vorhandensein eigener umfangreicher und dichtgelegener Sanitäreinrichtungen, bereiten uns keine Umstellungsschwierigkeiten. Mit Ausnahme der hohen Decken und hohen Schränke: Die vergangenen sechs Wochen konnte Paula jeden Gegenstand im Schiff problemlos erreichen. Nun muss wieder ein Stuhl für die obersten Schrankfächer her…ein Stuhl…den hatten wir drei Monate nicht an Bord. Die einzigen vier Beine waren die, der Besatzungsmitglieder.
Erstaunlicherweise verursachte auch das Autofahren keinen befürchteten Geschwindigkeitsrausch, was ja mitunter schon nach zwei Wochen Segel-Sommerurlaub in den ersten Minuten der Fall sein kann. Erfreulich ist zudem, nun wieder alle Produkte im Supermarkt identifizieren zu können. =) Vor allem der Skipper hatte im Baltikum damit so seine Probleme und so haben wir auf LUCCA noch immer eine Packung Kartoffelstärke zu verschenken, die einst mit der Vorfreude auf süße Rote Grütze (denn dies suggeriert die Verpackung) gekauft wurde. =)
Groß war die Freude auch bei Schiff und Besatzung, als wir am Mittwochnachmittag am Vereinssteg in der Heimat festmachten. Schick aufgeflaggt wurde LUCCA von Haiopei mit Skipper Jens und Matrose Thore schon auf See in Empfang genommen, was wir Schiff und Crew sehr hoch anrechnen und wofür wir uns an dieser Stelle noch einmal recht herzlich bedanken wollen! Ein Dank geht natürlich auch an all die vielen Freunde und Familienmitglieder, die sich an diesem Mittwoch auf zum Steg gemacht haben. So feuchtfröhlich der Abschied vor drei Monaten war, genauso feuchtfröhlich wurden wir wieder willkommen geheißen. Bis spät in die Nacht musste LUCCA als Partyschiff herhalten, die Verwüstung am nächsten Tag sprengte alle Morgen des gesamten Ostseetörns. =) Doch das war es allemal wert und in wenigen Stunden wurden wir dem Chaos Herr.
Die abendliche Feiergesellschaft ließ sich auch nicht von dem wirklich eigenwürdigen Geruch des ‚Surströmmings‘ zerschlagen. Diese schwedische Fischspezialität, dabei handelt es sich um vergorenen sauren Hering, ist wohl selbst bei den Schweden nur etwas für Hartgesottene und darf vielerorts nur im Freien geöffnet werden. Dieser Empfehlung sollte man unbedingt folgen, denn die Delikatesse riecht stark (um es diplomatisch auszudrücken). Der Skipper, Birk und Fischer Norbert haben sich getraut, Paula kam kurz in die Nähe und Jens packte sich schlussendlich ein Herz und entsorgte die stinkende Dose im See. Selbst alleine mit dem Finger den öligen Rand der Dose zu berühren, hatte stundenlanges Stinken zur Folge. Aber so konnten wir in der Heimat gemeinsam mit allen ein kleines Stück Ostseetörn teilen und erfahren.
Die Frage nach dem schönsten Seestück, dem attraktivsten Reiseabschnitt und der tollsten Landschaft lässt sich, zumindest für mein Befinden, schwer beantworten. Viele der Länder und Reviere haben ihre schönen und weniger schönen Seiten und je nach Budget und seglerischem Anspruch ist die ganze Ostsee fantastisch. =) Die schwedischen Gewässer, die Seen, Kanäle und Scheren, und für den Skipper die Welt der Ålands würden auf der Favoritenliste aber sicherlich weit oben erscheinen. Fakt ist: In jedem der bereisten Länder könnte man viele, viele Wochen zubringen und würde des Revieres nicht müde werden. Doch wir müssen wohl selbst einmal erst reflektieren und in aller Ruhe die vielen Eindrücke und Erfahrungen verarbeiten und beim Betrachten der Blogeinträge, der Postkarten, der Seekarten und des Bordbuches Stück für Stück die Wochen Revue passieren lassen. Aber der Winter ist lang und Olympische Spiele sind zum Glück erst im kommenden Jahr. =)
Eins zwei Erweiterungen werden wir noch am Blog vornehmen, bevor unser Alltag aus der Online-Welt wieder verschwindet. Bis dahin wünschen wir…
…Handbreit.
Paula